“Here short, here longer, walay Koteletten”. Meine Anweisungen an den Coiffeur sind unbeholfen. Taglishaya. Tagalog, Englisch und Visaya. Ungeordnet wie die Haareberge am Boden, wie eine zerrissene Rosshaarmatratze. Wie Berge und Täler, durch die man klettert, um nach einem Tagesmarsch den Gipfel des Coiffeurgestühls zu erklimmen.
Scheren, Messer, Pinsel, Talgpuder – mehr nicht. Kein Spiegel hinten, nur vorne. Also kein Männerchor. Nur in meiner Vorstellung. Metaphysisches Gruseln? Jawohl. Später sehr wohl.
Der Coiffeur schnippt, kratzt sich und pinselt mir ab und zu die Haare aus dem Gesicht. Zwei Männer stürmen rein. Aufgeregtes fuchteln. Der Coiffeur: „Wait lang ah, mga amigo, naa problema.“ und verschwindet. Klappt die Tür, hallt nach. Ich sitze da. Stoisch.
Aber ein metaphysisches Gruseln kriecht hoch, der nicht vorhandene Männerchor fragt mich: “Was, wenn er nicht zurückkommt?”. Susmaryosep, stimmt, jetzt sehe ich aus wie… wie ein halb gezähmter Gorilla? Oder ein verlorenes Lama? Was, wenn ich so auf die Strasse muss? Was wenn die Polizei mich für einen illegalen Ausländer hält? Werden sie mich verhaften? Wie ist das, in einem philippinischen Gefängnis?
Und dann, noch bevor die Panik ganz greifen kann, höre ich draußen leises Lachen, summende Stimmen. Die Tür öffnet sich. „Sir, mng amigo, karaoke, Tanduay time, funny, he, he, he.“ Der Coiffeur ist zurück, schnippselt weiter, als wäre nichts gewesen. Die Welt atmet auf. Stoik. Alles gut.
Im Spiegel vor mir plötzlich ein verschwommenes Bild: der Junge am Basketballfeld. Allein, Ball in den Händen, träumt in die Wolken. Ich sehe mich in ihm, wie ich hier sitze, unschlüssig, wartend. Absurdes Bild, perfekt absurd. Ich hätte die Geschichte gerne erzählt, aber der Coiffeur holt mich aus meinen Gedanken. “Human na, tag ocienta Pisos, Sir”.
Ich nicke. Bezahle. Freude, wenn er einen guten Tag hat. Ergebnis unvollkommen? Egal. Stoisch. Alles gut. Alles paletti.
Viele Ausländer fahren rüber nach Negros, eine Stunde pro Weg, oder schneiden selbst. Ekeln sich vor den Haarbergen? Ich nicht. Stoisch. Freude wächst, wenn der Coiffeur gute Laune hat. Und nur so, stoisch, kann man das Schöne wirklich erkennen – ohne sich zu verlieren. Ohne sich hinge im Spiegel am heiterhälle Vormittag z’gseh verschwinde.
