Ich stehe im kleinen Convenience Store in Lazi Siquijor. Drei Frauen füllen ihre Körbe. Fertignudeln. Lumpias. Süsse Spaghetti mit Tomatenconfitüre. Alles mit Magic Sarap. Dem philippinischen Knorr. Maggi. Egal. Oder Chemie. Ich blinzle. Sehr konzentriert.
Mit gnatzendem Magen gehe ich zur benachbarten Eatery. Ich bestelle die Suppe. Sie kommt dampfend, goldbraun, der Duft verheisst nichts. Ein Löffel Magic Sarap hier, ein Tropfen dort – und sofort spüre ich: die Magie fehlt. Lolas Hand, die das alles lebendig gemacht hätte, ist nirgends. Ich starre in die Brühe und tätsch: die Leiden des jungen Wyss! Ich als Werther, nur dass nicht das Herz, sondern der Gaumen schreit. Drama auf dem Löffel!
Dann denke ich plötzlich an Bicol zurück. 10 Jahre zurückgescrollt. Keine Ahnung warum. Markt. Alter Mann. Tintenfische auf Bambusmatten. Duft nach Sonne. Gemüse. Kinder rennen. Verkäuferinnen stapeln Tomaten und Kartoffeln. Daneben Strassenküchen, versprühen einen Duft, ein chrüsimüsiges Durcheinander von Düften, wie die Parfümerie in einem Warenhaus. Nur besser. Ein Ort, an dem noch gekocht wird. Geschnippelt. Gerochen. Hier im Regal: nur Tüte. Aber Tüte ist auch was. Naja. Andere Baustelle.
Eigentlich wollte ich eine andere Geschichte erzählen. Von einem Jungen beim Basketballfeld der Schule in Siquijor. Er wirft den Ball in die Wolken. Immer wieder. Vielleicht will er den Vogel abschiessen. Vielleicht träumt er vom Mittagessen. Ich habe mich dann für Magic Sarap entschieden. Jetzt taucht der Junge trotzdem wieder auf. Wenn ich die Geschichte erzähle, wird der Text zu lang. Erinnern Sie mich nächstes Mal daran. Oder auch nicht. Mal sehen. Beim nächsten Wiederlesen.
Zurück zum Magic Sarap. Früher kochte Kare-Kare stundenlang. Bola-bolang Puso ng Saging duftete die Küche voll. Heute duftet nichts. Ausser Tüte. Ich denke an die Lolas. Wahrscheinlich lachen sie über uns. Oder auch nicht. Unwichtig.
Die Kunst des Kochens verlernt sich leise. Die Würze schreit aus dem Plastikbeutel. Ich staune. Lächle. Fast traurig. Aber egal. Wirklich egal. Vielleicht morgen. Vielleicht nie.
