Warum die Philippinen? Ich wurde gefragt, wieso ich ausgerechnet die Philippinen als Mittelpunkt meines Rentnerlebens ausgesucht habe. Das hat sehr viel mit meinen Wertvorstellungen und Kulturen zu tun, geprägt durch meine Erfahrungen aus privaten und geschäftlichen Reisen in 54 Länder und Vertragsverhandlungen in mindestens 25 davon. Dazu muss ich zuerst mal etwas über Kulturen überhaupt erzählen und wieso ich überhaupt auf die Idee kam, meinen Ruhestand in Asien zu verbringen. Vorgeschichte Ich behaupte noch heute, dass Vertragsverhandlungen einen der besten Wege bieten, die Kultur und Denkweise eines Landes kennenzulernen. Wieso füllen Verträge in den USA ganze Bundesordner, während für das Gleiche in China wenige Seiten genügen? Und wieso sollte in China der Verantwortliche nach erfolgreichen Verhandkungen nie, aber gar nie ausgetauscht werden? Wieso genügt es in den Philippinen, eine Handvoll (meist nur zwei) Personen zu überzeugen, während es in anderen Ländern ganze Heerscharen von “Besserwissern” (entschuldigung, es sollte natürlich Beeinflusser heissen) sind? Wieso ist es in bestimmten Ländern nicht opportun, eine Frau an den Verhandlungstisch zu bringen, während es in einem anderen Land genau der erfolgbestimmende Faktor ist? Wie reagierst Du, wenn Dir beim Mittagessen der VR-Präsident einer Bank voller stolz erzählt, wieviele Menschen er im Bürgerkrieg erschossen hatte? Das sind Fragen der Kultur, die Reaktio darauf mit vielen Grauzonen und Tiefroten Linien. Zweimal wurde ich in meinem Berufsleben ins kalte Wasser des internationalen Parketts geschubst. Einmal als Bankenberater in Osteuropa und dann als Global Account Manager für einen der grössten Kunden meines Arbeitgebers. Da wurde ich zwangsläufig mit solchen und anderen Fragen konfrontiert. Und ich lernte. Ich vertiefte mein Wissen. Etwas vom hilfreichsten war das Buch “Lokales Denken, globales Handeln” von Geert und Gert Jan Hofstede. Geert Hofstede war ein Sozialpsychologe aus den Niederlanden und einer der meist zitierten Kulturforscher. Hofstede unterschied sechs Dimensionen, die die Kultur eines Landes oder Landesteils definieren. Achtung: er spricht von “Tendenzen” der Wertvorstellungen, die bei einem Individuum durchaus anders vorhanden sein können. Die sechste Dimension, Genuss vs Beschränkung, kam erst 2010 dazu. Dieser Teil in meiner gedruckten Ausgabe des Buchs, die Angaben stammen von der Website “Insight Hofstede, Country Comparison Tool“. Da kannst Du Länder miteinander vergleichen. Die mittlere Kolonne in meiner Tabelle zeigt die Maximal- bzw. Minimalwerte, den Wert für die Schweiz sowie für die Philippinen, da, wo heute mein Lebensmittelpunkt ist. Machtdistanz GrossMalaysien, Slowakei, Guatemala104-11CH: 34Ph: 94Machtdistanz KleinÖsterreich, Israel, DänemarkStarke UnsicherheitsvermeidungGriechenland, Portugal, Guatemale112-8CH: 58Ph: 44Schwache UnsicherheitsvermeidungSingapur, Jamaika, DänemarkIndividualismusUSA, Australien, Grossbrittanien91-6CH: 68Ph: 32KollektivismusGuatemala, Ecuador, PanamaMaskulinitätSlowakei, Japan, Ungarn110-5CH: 70Ph: 64FeminitätSchweden, Norwegen, NiederlandeLangzeitorientierungChina, Taiwan, Japan118-13CH: 74Ph: 27KurzzeitorienterungPakistan, Tschechien, NigeriaGenuss (schwache soziale Kontrolle)USA, Kanada, AustralienKeine DatenCH: 66pH: 42Beschränkung (ausgeprägte soziale Kontrolle)Russland, China, Südkorea Die Dimension “Individualismus vs Kollektivismus” ist in der Priorität meiner Wertvorstellungen für mich besonders wichtig. Woher das kommt? Ich fand schon immer, dass der Grat zwischen gesundem Individualismus und Egosimus sehr, sehr schmal ist. Auch der zur Gleichgültigkeit. Hingegen hatte mich der mehrheitliche Kollektivismus in vielen asiatischen Ländern immer fasziniert. Das Zusammenstehen, gegenseitige Hilfe, Rücksichtnahme, das sind Werte, die in unserer westlichen Gesellschaft zunehmend verloren gingen. Sogar die politische Linke, die mal für Universalismus und Solidarität stand, verzettelt sich immer wie mehr in Grabenkämpfe, die gesellschaftliche Gruppen gegeneinander ausspielen. Zum Teil mit fragwürdigen Rezepten, die die Unterschiede verschiedener Gruppen eher betonen, als sie zu eliminieren. Um es deutlich zu sagen: Ja, Teile der politischen Linken benutzen Rezepte, die ich vorher nur von den Rechtspopulisten kannte. Ich verweise nochmals auf das Buch “Im Schatten guter Absichten. Die postmoderne Wiederkehr des Rassendenkens” des Soziologen Sebastian Wessels. Dieses Buch hat mich bisher am meisten überzeugt, dass von dieser Entwicklung eine Gefahr ausgeht, die am Schluss sogar den Minderheiten schaden kann. Aber schlussendlich war es dieser Kollektivismus, der die Idee in meinem Kopf gebar, meinen Ruhestand in Asien zu verbringen. 2014, nach meinem Kammerflimmern, als die frühzeitige Pensionierung absehbar war, reiste ich ein paar Monate durch Thailand, Malaysien und die Philippinen. Für das letztere Land habe ich mich schlussendlich entschieden. Doch warum? Sprache Das war der wichtigste Grund. Ich wollte ja etwas sinnvolles tun, meine Selbsthilfeprojekte sowie die Computer Camps für Kids, das geht jedoch schlicht nicht ohne kommunizieren zu können. In den Philippinen ist Englisch zweite Nationalsprache, nebst Filipino (das fast identisch mit Tagalog ist). Alles ist mit lateinischen Buchstaben geschrieben, viele Wörter stammen aus dem Spanischen. Eine Basis, um auch Freunde zu finden und ein soziales Netz aufzubauen, ist also gegeben. Visaregelung Ich kenne kein Land, in dem ich mich als gewöhnlicher Tourist während drei Jahren aufhalten darf. Klar muss ich alle paar Monate mein Visum erneuern, aber das ist ein geringer Aufwand. Kosten tut es pro Monat etwas mehr als 20 Franken. Ich bin jedoch nie länger als 10 Minuten im Immigration Office. Klar konnte ich während Covid rund 1 1/2 Jahre nicht mehr einreisen, da hätte mir aber auch das Seniorenvisum (das wäre für mich die Alternative) nichts genützt, auch damit hätte ich nicht einreisen dürfen. Der einzige Stress gibt es mit der “Emigration Clearance”, eine Bestätigung, dass gegen mich keine Strafverfolgung besteht und ich somit ausreisen darf. Das wird notwendig, sobald man länger als 6 Monate im Land verweilte und kann nur in Cebu oder Manila erworben werden (obschon bei der Visaverlängerung die gleiche Abfrage gemacht wird, das gleiche Papier gedruckt, nur einfach ohne Foto). Dafür gibt es aber Agenturen, die das für 60 Franken erledigen. Herausforderungen Wäre es ums Essen gegangen, ich hätte Thailand als Lebensmittelpunkt wählen müssen, Das Essen ist vielfältiger, besser im Geschmack und gesünder als in den Philippinen. Ein Zeichen dafür ist ja, wieviele Restaurants es in der Schweiz gibt, die Küche aus Thailand, Indien, Libanon, Marokko usw. anbieten und wieviele philippinische Küche. Fast keines. Ja, die Berner werden mir jetzt vorschwärmen, dass es in der Sky Terrasse des Hotels Schweizerhof dieses Jahr bis September ein philippinisches Pop-Up Restaurant gab. He nu. Es dürfte eine Ausnahme bleiben. Wer mir auf Bluesky folgt wird wissen, dass ich meine eigene Fusion Cuisine kreiere. Auch von der Kultur her hätte Thailand vielleicht besser zu mir gepasst. Es ist nicht einfach, als säkularer Mensch in einem Land zu leben, das von der katholischen Kirche und gar grossen Sekten dominiert wird. Es ist schwierig, Filipinos zu verstehen, wie sie Machtpositionen widerspruchlos tolerieren, ja es sogar als normal empfinden, dass die Inhaber der Macht “Privilegien” geniessen, die ihnen eigentlich nicht zustehen würden. Man nennt das auch Korruption. Diese ist in Ländern mit grosser Machtdistanz (siehe Tabelle oben) sehr oft ausgeprägt. Auch bezüglich Maskulinität hätte mir Thailand besser gepasst, der Umgang mit Frauen und Andersdenkenden ist weitaus toleranter als in den Philippinen. Aber wir die Tabelle oben zeigt, ist es in der Schweiz sogar minim schlechter. Aber nochmals: He nu, ich lebe jetzt hier und arrangiere mich mit den Herausforderungen und begegne ihnen dann, wenn es notwendig ist. Das Foto zeigt die philippinische Flagge. Die Bedeutung (Wikipedia): Gemäß offizieller Quellen steht das weiße Dreieck für die Gleichheit, das blaue Feld für Frieden, Wahrheit und Gerechtigkeit und das rote Feld für Patriotismus und Heldenmut. Die achtstrahlige Sonne steht für die Freiheit und die acht Provinzen, in denen im Jahre 1896 die Philippinische Revolution gegen die spanische Kolonialmacht ausbrach (Batangas, Bulacan, Cavite, Laguna, Manila, Nueva Ecija, Pampanga und Tarlac), und für die zu dieser Zeit das Kriegsrecht ausgerufen wurde. Die drei Sterne symbolisieren die geographischen Hauptbereiche Luzon, Mindanao und die Visayas-Inselgruppe. Die Symbolik, die der Flagge im Jahre 1898 bei der Ausrufung der philippinischen Unabhängigkeit gegeben wurde, unterscheidet sich allerdings von der heutigen offiziellen Deutung. Damals spielte das weiße Dreieck auf das Emblem des Katipunan an, der Geheimorganisation, die sich im Untergrund gegen die spanische Herrschaft auflehnte. Es heißt, die Farben der Flagge orientierten sich an der Flagge der Vereinigten Staaten als ein Ausdruck der Dankbarkeit für die amerikanische Unterstützung im Kampf gegen die Spanier während der Philippinischen Revolution. Laut einer weiteren Deutung soll einer der drei Sterne alleine für die Insel Panay stehen und nicht die gesamten Visayas repräsentieren. Eine Besonderheit: In Friedenszeiten ist das blaue Feld oben, in Kriegszeiten das rote. Das ist, wenn die Flagge waagrecht hängt. Wie aber ist die Aufhängung, wenn sie senkrecht hängt? Egal wie sie hängt, wenn ich darauf zulaufe, zuert von der einen, dann von der anderenSeite, ist auf der einen Seite Friede, auf der anderen Krieg. Dieses Rätsel konnte mir bisher noch niemand lösen. Post navigation Meine medizinische Versorgung Leave a Reply Cancel replyYour email address will not be published. Required fields are marked *Comment * Name * Email * Website Save my name, email, and website in this browser for the next time I comment. Δ