Back To The Roots

Kann man von der AHV alleine leben? Nun, ich kann es, wie ich gleich aufzeigen werde. Und nicht mal schlecht. Allerdings bedingt es ein gewisses Mass an Flexibilität, die Bereitschaft zu “Back To The Roots”, klare Prioritäten, was einer wirklich braucht und Disziplin. Doch wie kam es dazu? Wo ich doch wirklich gut, nein, sehr gut verdiente?

Wie ich in den früheren Beiträgen schrieb, unterstützte ich meine kranke und demente Mutter jahrelang, damit sie zu Hause gepflegt werden konnte. Das meiste davon ging auf meine Kosten. Dann kam meine eigene Krankheit, das Burnout und das Kammerflimmern, was zu meiner Frühpensionierung führte. In dieser Zeit liess ich mir die Pensionskasse auszahlen, ohne das hätte ich die Zeit bis zur echten Pensionierung nicht durchgehalten. Drei Scheidungen mit PK-Splittung kommen dazu. Man kann sich vorstellen, dass mein Guthaben auf einen zu kleinen Betrag geschrumpft ist, um damit ein luxuriöses Renterleben zu führen. Dieses Guthaben rühre ich nicht an, das ist für wirkliche Notfälle gedacht. So kommt es, dass ich heute lediglich von meiner gekürzten Rente lebe, ohne Ergänzungsleistungen. Aber kein Mitleid, ich lebe gut und bin zufrieden.

Ich wohne meist in den Philippinen, habe jedoch meinen Wohnsitz in der Schweiz behalten. in den Philippinen gelte ich als Tourist*. Ohne das hätte ich keine Krankenversicherung und das wäre bei einem Träger eines Herzschrittmachers der finanzielle Tod. Ich bezahle meine Krankenkasse, ich bezahle in der Schweiz meine Steuern, ich habe sogar eine Haftpflichtversicherung und ich lege jeden Monat 300 Franken auf die Seite, um damit einmal jährlich in die Schweiz zu fliegen und mich medizinisch versorgen zu lassen. Oder um auch mal ein neues Smartphone oder einen neuen Notebook zu kaufen. Eigentlich müsste der Schrittmacher alle 6 Monate geprüft werden, Technologie sei dank, ist der aber über eine Smartphone-App mit dem Spital in der Schweiz verbunden und sendet alle 3 Monate die Daten ans Spital. Wäre etwas aussergewöhnliches, würde ich alarmiert und könnte in die Schweiz reisen.

* Die Philippinen haben zum Glück ein sehr grosszügiges Visaregime. Bei Einreise erhalte ich ein Visum für 30 Tage, das ich jeweils hier lokal verlängern kann, bis maximal 3 Jahre. Dann muss ich das Land verlassen. Kann aber gleich wieder einreisen und die drei Jahre beginnen von vorne.

In die Philippinen sende ich mir monatlich 1450 Franken, das entspricht zur Zeit rund 88’000 Pesos. Damit entspricht mein “Einkommen” hier knapp jemandem, der zur oberen Mittelklasse gehört, die als 84’000 bis 144’000 Pesos definiert ist. Als Vergleich: Ein Direktor einer öffentlichen Schule verdient 71’000 Pesos monatlich, eine “normale” Lehrperson” etwas mehr als 30’000. Wer unter 12’000 verdient gilt als arm. Ihr seht, ich habe also wirklich keinen Grund zu klagen.

Das Geld verwende ich wiefolgt:

VerwendungPHPCHF
Miete Haus17’000285
Nebenkosten (Strom, Wasser, Internet, gelegentliche Hilfsarbeiten)5’50090
Visakosten (durchschnittlich)2’00035
Essen, Kleider, Körperpflege25’000410
Taschengeld (Inkl. Restaurantbesuche)18’000300
Haus & Garten, Hobbies10’000170
Transport (ausschliesslich Öffentlicher Verkehr)2’50040
Sparen8’000120
Total88’0001’450

Dazu ein paar Bemerkungen:

Wohnen. Das Angebot an Mietobjekten ist nicht gross. Filipinos mieten kaum Wohnungen oder Häuser. Ausländer werden gerne “gemolken”. Insofern hatte ich Glück, ein Haus zu finden, nicht das neueste, aber bewohnbar, direkt am Strand und einem Grundstück von gut 500 Quadratmetern. Vieles mache ich selbst, beispielsweise eine Gartendusche aus Bambus, die Umzäunung, gemauerte und farbefrohe Blumenbeete, Hochbeete und eine Kräuterschnecke. Da kommt mir zugute, dass ich als Schüler noch das Fach “Handwerken” auf dem Stundenplan hatte, oder als Gymnasiast und Student Jobs als Dachdecker, Fassadenmaler, Metzger, Florist, oder Hilfselektriker. Überhaupt bin ich daran, meine Umgebung “speziell” zu gestalten. Ich fand genügend Inspiration in Georgien, als ich wegen Covid nicht zurück in die Philippinen konnte. Da gibt es ganze Pärke, die von der Bevölkerung mit einfachsten Mitteln dekoriert werden. Überhaupt ist “Selbermachen” nicht nur günstiger, sondern auch befriedigender. Das meine ich, wenn ich dem Beitrag den Titel “Back To The Roots” gab. Mausarm aufgewachsen, lernte ich schon früh, aus Nichts etwas zu machen.

Inflation. Die massiv gestiegenen Preise, besonders bei den Grundnahrungsmitteln, bereiteten mir zunächst Sorgen. Das Budget für Essen, Kleider, Körperpflege ist im letzten Jahr stark gestiegen. Mehr als die offizielle Inflation. Da aber gleichzeitig der Schweizer Franken stark ist, gleicht sich das aus. In den letzten 12 Monaten ist der Wechselkurs ganze 7% gestiegen.

Soziales Netzwerk. Ich leiste mir ein grosszügiges Taschengeld. Wenn ich auswärts esse, kostet mich das rund 1’000 Pesos. Mit dem Betrag könnte ich somit 30 Mal monatlich auswärts essen. Dieser Budgetposten ist mir wichtig. Eines der grossen Probleme finanzschwacher Menschen ist, dass sie ohne Geld am sozialen Leben kaum mehr teilhaben können. Diese Gefahr besteht bei mir nicht.

Kulinarik. Mein Budget erlaubt mir auch, mich öfters mit etwas exquisitem zu verwöhnen. Käse, Salami, Wein, Senf, alles Produkte, die importiert werden und damit entsprechend teuer sind. Ich muss aber nicht darauf verzichten. Einmal monatlich fahre ich zum Grosseinkauf, ansonsten versorge ich mich auf dem lokalen Markt. Dinge die es gar nicht gibt, oder nur in mangelhafter Qualität, begann ich selbst herzustellen. Wer mir auf Twitter (heute X) folgt weiss, dass ich bereits Meerrettichcrème, Teemischungen, eigene Salzmischungen, parfumierte Öle oder gar eigene mazerierte Schnäpse hergestellt habe. Wobei all das und auch mein Kräuter- und Gemüsegarten nicht erfolgt weil ich sparen muss. Das Arsenal an biologischen Mitteln, damit überhaupt etwas wächst und geerntet werden kann, ist gross und auch teuer.

Reisen. Nicht einmal auf Reisen muss ich verzichten. EInmal im Jahr in die Schweiz erwähnte ich schon. Als mein jüngerer Sohn mich besuchte, waren wir täglich auf einem Ausflug und übernachteten auch öfters in einem Hotel. Sogar die 1 1/2 Jahre, in denen ich wegen der Covid-Einreisesperre nicht zurück in die Philippinen konnte, verbrachte ich in Georgien. Dabei liefen etliche Kosten in den Philippinen weiter, zum Beispiel die Hausmiete, die Futter- und Veterinärkosten für meinen Malinois (RIP Goku) und es entstanden zusätzliche Kosten, wie die Wohnung in Georgien oder die Pflege des Hauses in den Philippinen.

Ihr seht, ich habe wirklich keinen Grund zum Klagen. In der Schweiz könnte ich dieses Leben nicht einmal mit Ergänzungsleistungen führen.

Warum schreibe ich das denn? Vielleicht, um andern Menschen in ähnlichen Verhältnissen einen Denkanstoss zu geben. Es müssen ja nicht gleich die Philippinen sein, Georgien wäre auch eine gute Wahl. Bis zu einem Jahr ohne Visum und sehr günstig. Aber auch mal, über “Back To The Roots” nachzudenken. Welche Fähigkeiten kann ich nutzen, um das Leben günstiger und komfortabler zu gestalten. Hauptsächlich schreibe ich das jedoch aus zwei anderen Gründen. Einerseits ist da das Verhalten der Stimmbevölkerung. DIe Mehrheit stimmt so ab, als ob Krankheit, Unfall, Scheidung, nur andere betreffen. Ich war auch mal so. Nach meiner “Linken Jugend” war ich eher der GLP, manchmal sogar der FDP-Wähler. Die Zeiten sind vorbei. Zu schnell ist der Traum ausgeträumt, auch mal zu den Milliardären zu gehören. Ich hatte sehr gut verdient, davon ist aber ausser Erinnerungen nicht mehr viel übrig. Andererseits ist da auch die linke und grüne Verbotspolitik, die mich gewaltig nervt. Wir müssen uns einschränken, da bin ich einig, aber jeder dort, wo er kann und will. Angenommen, fliegen würde für mich dermassen teuer, dass ich meine Besuche in der Schweiz nicht mehr wahrnehmen könnte. Aus medizinischen Gründen müsste ich in der Schweiz bleiben, müsste Ergänzungsleistungen beantragen und würde zum Sozialfall. Ich möchte allen empfehlen, sich mal John von Düffels Buch “Das Wenige und das Wesentliche” zu lesen. Moderne Askese muss keine Qual sein, sondern kann Chancen eröffnen. Aber sie muss auf Freiwilligkeit und nicht auf Zwang beruhen. Buchzitat: “Das Wenige ist die Methode um das Wesentliche zu erkennen, wenn das Wenige dem Wesentlichen entspricht, ist das Glück”.

Das Foto zeigt eine meiner Zementscheiben, die jedoch beim ausschalen zerbrochen ist. Ich habe sie dann mit einem Draht rundum und Epoxy geflickt und darauf eher laienhaft die Zeichen des “Kish-Tablets” gemalt. Die Scheibe, gefunden nahe der Stadt Kish, im heutigen Irak, sie ist das älteste bekannte Schriftstück, wird den Sumerern zugeschrieben und ist etwa 5600 Jahre alt. Die Bedetung ist unbekannt. An der Wiege unserer Zivilisation, daher der Titel “Back To The Roots”.

2 Comments

  1. […] auch der Entscheid, meinen Lebensabend hier in den Philippinen zu verbringen, wie im Beitrag “Back To The Roots” beschrieben. Die Idee war nicht etwa spontan, sondern geisterte seit Jahren in meinem Kopf […]

  2. […] Keiner ist vor einer schweren Krankheit gefeit. Würde es mich treffen, ich hätte keine Familie hier in den Philippinen, die mich pflegen würde. So müsste ich wohl oder übel wieder in die Schweiz zurück und mich in die Obhut eines Pflegeheims begeben. Meine Söhne haben klare Anweisungen, was in einem solchen Fall zu tun ist. Ich will nicht, dass sie die gleiche Dummheit begehen wie ich, indem ich meine Mutter viel zu lange aus dem eigenen Portemonnaie pflegen liess. Einer der Gründe, weshalb ich heute nur von der AHV lebe. […]

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